Der 1. Initiativ-Kongress Mediation und Gesundheit fand am 17. März 2017 unter dem Motto – neue Wege der Multiprofessionalität – statt.
Diese von der Initiative Mediation und Gesundheit e.V. durchgeführte Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Beauftragten der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für Patientinnen und Patienten, Dirk Meyer. In verschiedenen Vorträgen und einer Podiumsdiskussion wurden die Ressource Mediation, ihre Möglichkeiten und die Schnittstellen als zusätzlicher Baustein in der Multiprofessionalität aufgezeigt. Dabei sorgte besonders auch der Blick in die Nachbarländer Luxemburg und Belgien für neue Erkenntnisse und zeigten Entwicklungsmöglichkeiten für Deutschland.
Nach der Eröffnung durch den Patienten-Beauftragten der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Dirk Meyer, führte der Mitarbeiter der nationalen Mediationsstelle für das Gesundheitswesen in Luxemburg, Mike Schwebag, durch das Thema „Umgang mit Behandlungsfehlern im Rahmen von Mediation und mediativem Handeln im luxemburgischen Gesundheitssystem“. Er gab zunächst einen Überblick zu den Luxemburgischen Verhältnissen im Gesundheitssystem und stellte dann das Patientenrecht vor. Dort habe jeder Patient ein Recht auf Information zum Gesundheitszustand und dessen voraussichtlicher Entwicklung.
Im Rahmen einer Behandlung stehen in Luxemburg auch die Kommunikation mit nahestehenden Personen und die Kommunikation zwischen an der Behandlung beteiligten Personen und Institutionen im Fokus, um ein patientenzentriertes, ggf. interdisziplinäres Team zu bilden. Daraus ergibt sich ein hohes Potential für Kommunikationsdefizite und somit Mediationsfelder.
Im Fokus stehe, laut Schwebag, die Herausforderungen im Bereich der Kommunikation. Es gelte Patienten zu sensibilisieren und verstärkt einzubinden. Dazu bedürfe es einer Weiterbildung im Bereich Kommunikation, um eine offene Fehlerkultur und einen aufrichtigen Dialog bei einem Zwischenfall oder einem Behandlungsfehler zu gewährleisten. Dadurch würden einerseits die Patienten lernen ihre Opferrolle zu verlassen und Mitverantwortung für die Lösung zu übernehmen. Andererseits lernten die Ärzte, die Fragen des Patienten als Chance zu sehen. Auch das Einbinden von Haftpflichtversicherern und Anwälten spiele eine große Rolle.
Seit Eröffnung der nationalen Mediationsstelle für das Gesundheitswesen in Luxemburg im Mai 2015 gab es ca. 250 Anfragen, die zu 30 Mediationen führten. Oft half schon das Zuhören im ersten Gespräch, um die Patienten darin zu stärken den direkten Kontakt zu suchen oder durch Nutzung des Beschwerdemanagement eine gemeinsame Lösung zu finden. Es hat sich in den ersten zwei Jahren gezeigt, dass gemeinsame Konfliktlösung im Rahmen der Mediation eine große Chance sei. Im Ausblick erklärte Mike Schwebag, dass man in Luxemburg über eine Zusammenführung von Elder Mediation und Gesundheitsmediation nachdenkt und hier alle Hebel in Bewegung setzt, die Streitkultur zu verändern. Etwas, das auch die deutschen Teilnehmer des Kongresses tief interessierte.
Im Anschluss stellten die belgischen Kollegen, Frau Annette Herbrand und Herr Erik Hahnloser, Mediationspraxis in Belgien vor. Mehr Kooperation im Gesundheitswesen führten auch in Belgien zum Einsatz von Mediation und zu zum Teil unkonventionellen Lösungen.
Nach ein paar kurzen lebensnahen Mediationsbeispielen unterschiedlicher Präsentatoren und Mediatoren stellte die Leiterin des Johanniter Senioren Stifts in Kaarst, Rosel Band, den Umgang mit dem Konfliktdreieck Pfleger-Bewohner-Angehöriger dar. Anschließend gab Katrin Weißenborn einen Einblick zum Thema Führung in der Industrie 4.0. Unter dem Begriff Dynaxity – eine Kombination aus Dynamik und Komplexität bei steigender „Macht-/Ohnmacht-/Risiko-Relation“ – entstünden Problemlösungen aus der Kraft der Selbstorganisation, Selbststeuerung und der Selbsterneuerung. Dies verlange nach mediativer Führung, die CoCreativität erzeuge und somit den Führungsstil der Zukunft darstelle.
Anne Pilartz, externe Konfliktbeauftragte des Landeskrankenhauses Rheinland-Pfalz, Richterin am ArbG und Mediatorin stellte ihre Tätigkeit im Konfliktmanagement im Krankenhaus vor. Dort stehen interne und externe Konfliktbeauftragte allen Mitarbeitern aus Verwaltung, Pflege und Ärzteschaft zur Verfügung. Dabei ging sie auch auf die Vorteile aller Beteiligten bei der Nutzung der externen Konfliktbeauftragten ein, da diese außerhalb des Systems stehen und von allen wegen der Fachexpertise anerkannt werden. Sie böten eine neutrale Plattform für den Austausch, die im steigenden Maße von allen Seiten genutzt würde.
Die Podiumsdiskussion bestehend aus Vertretern der Medizin, Psychotherapie, Sozialpädagogik und ähnliches behandelte Fragen rund um den Nutzen der Mediation bei Ärzten und in Krankenhäusern beziehungsweise in Bezug auf die eigenen persönlichen Erlebnisse im Bereich Gesundheit und Pflege. Unter reger Teilnahme des Publikums wurden Wünsche und Erfahrungen mit Mediation im Gesundheitswesen und in Familien von Betroffenen ausgetauscht.
Zum Abschluss stellte Dr. Heinz Pilartz den Teilnehmern anhand der „Blume der Mediation“ das Zusammenspiel von Medizin und Psychiatrie, Pflege und soziale Arbeit sowie Recht und Ethik vor.
Die begeisterten Teilnehmer gingen mit einem bunten Strauß an Information rund um Gesundheitsmediation, Bedürfnisse und Gefühle aller Beteiligten nach Hause und freuen sich bereits auf die Fortführung im kommenden Jahr. Dort möchten Sie weiteres aus dem Spektrum Mediation und Kommunikation im Bereich Gesundheit und Pflege hören und eventuell auch noch ein paar praxisorientierte Kurzseminare besuchen. Auch wünschen sich einige Teilnehmer die Möglichkeit Weiterbildungs-Punkte für Juristen und Ärzte, sodass noch mehr Kollegen an dem Kongress teilnehmen können.
Allein die Abwesenheit von Krankenkassen und Vertretern des Gesundheitsministeriums verstand das hochkarätige Publikum – bestehend aus Juristen, Ärzten, Vertretern von Pflege- und Krankenhausleitungen, sowie Mediatoren und anderen Interessierten – nicht. Hier wünschen sie sich im nächsten Jahr mehr Beteiligung und hoffen, dass das Thema Mediation und seine Möglichkeiten auch da ankommt, wo wichtige politische Entscheider sitzen.